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Der Nachhaltigkeitsstandard „Cradle to Cradle Certified®“ aus der Sicht einer Innenarchitektin

Was sollten Innenarchitekten bei verantwortungsvoller Beschaffung beachten – und wo anfangen? Wir haben mit Ren DeCherney gesprochen, Global Lead for Built Environment am Cradle to Cradle Products Innovation Institute.

„Die Spezifikation von Cradle to Cradle Certified®-Produkten ist eine großartige Möglichkeit, Ihren positiven Einfluss auf den Planeten zu maximieren“

November 2024

Ren DeCherney

Global Lead for Built Environment,
Cradle to Cradle Products Innovation Institute

Die lizensierte Innenarchitektin Ren DeCherney verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung im Bereich Cradle to Cradle. Mit ihrem Wissen um die Komplexität der Baubranche unterstützt sie Designer und Hersteller, deren Nachhaltigkeitsversprechen in die Realität umzusetzen.

Bevor sie zum „Cradle to Cradle Products Innovation Institute“ in Amsterdam kam, arbeitete DeCherney in Portland (Oregon) als Innenarchitektin und half dort ihrem Unternehmen, frei von PVC zu werden. Anschließend war sie Director of Industry Transparency bei der digitalen Materialplattform „Source“, wo sie Tools und Filtersysteme entwickelte, die dabei helfen, Nachhaltigkeit nahtlos in den Designprozess zu integrieren.

Am „International Living Future Institute“ betreute sie die Programme „Declare“ (Kennzeichnung der Inhaltsstoffe von Bauprodukten) und „Living Product Challenge“ (fortschrittlicher Standard für Produktnachhaltigkeit). Dort arbeitete sie mit Designern und Herstellern zusammen, um die aktuellen Marktanreize für nachhaltige Praktiken zu erforschen und zu verstehen, wie Nachhaltigkeitsstrategien in alltägliche Geschäftsmodelle umgesetzt werden können.

5 Tipps, um mit der Integration nachhaltiger Produkte anzufangen

  1. Finden Sie das, was Sie anspricht, und gehen Sie von dort aus weiter! Für mich begann es mit der materiellen Gesundheit und der Neugier auf das, was in Produkten steckt. Von da an wuchs dann mein Interesse.
  2. Nutzen Sie Online-Datenbanken, um Nachhaltigkeitsdaten und -produkte zu finden. Ob Sie es glauben oder nicht, diese Klicks belegen den ROI für Hersteller, die beweisen müssen, dass sich die Investition lohnt.
  3. Beginnen Sie in einem Spezifikationsbereich mit großer Wirkung oder großer Quadratmeterzahl: Decken, Wände, Böden. Die Spezifizierung eines nachhaltigen Produkts in einem großen Wirkungsbereich sendet ein enormes Marktsignal! Auf diesem Erfolg können Sie dann im nächsten Projekt aufbauen!
  4. Finden Sie andere, die in diesem Bereich tätig sind. Wir sprechen hier davon, eine ganze Branche zu verändern – allein schaffen wir das nicht! Finden Sie andere Designer, die nachhaltige Produkten in ihre Projekte integrieren, und fragen Sie sie nach ihren Erfahrungen. Ich habe viel von anderen Designern gelernt und konnte durch die Zusammenarbeit und den Austausch mit anderen viel Einfluss auf meine Projekte nehmen.
  5. Fragen Sie nach nachhaltigen Produkten! Ich fragte jeden Vertriebsmitarbeiter, der in unsere Firma kam: „Haben Sie PVC-freie Produkte? Ist Ihr Produkt Cradle to Cradle Certified®? Haben Sie irgendwelche Nachhaltigkeitsdaten?“ Es mag sich manchmal so anfühlen, als würde das nichts bringen – aber die Hersteller hören Ihnen zu! Jeden Tag höre ich von Unternehmen, dass „ein Designer danach gefragt hat, also würden wir es gerne machen“. Fragen Sie also weiter, es macht einen Unterschied!

Der weltweit führende Nachhaltigkeitsstandard
„Cradle to Cradle Certified® ist der weltweit führende Standard, der die Nachhaltigkeitsleistung von Produkten in fünf Kategorien überprüft, um die Auswahl von Produkten zu vereinfachen, die zugleich gesund, zirkulär und fair produziert sind“, beginnt Ren DeCherney. „Dafür werden die Produkte nach ihrer Materialgesundheit, Produktkreislauffähigkeit, in Bezug auf saubere Luft und Klimaschutz, Wasser- und Bodenverantwortung sowie soziale Gerechtigkeit bewertet. Cradle to Cradle Certified®-Produkte erfüllen somit die Kernanforderung, dass sie verantwortungsvoll mit Blick auf die Menschen und den Planeten entwickelt werden“, sagt Ren DeCherney, die ihre Karriere der Umsetzung der Nachhaltigkeitsversprechen von Unternehmen gewidmet hat.

Ganzheitlicher Ansatz, der den gesamten Lebenszyklus berücksichtigt
Seit 2005 gilt Cradle to Cradle Certified® als der vertrauenswürdigste und fortschrittlichste wissenschaftlich fundierte Produktstandard für die Entwicklung und Herstellung sicherer, zirkulärer und verantwortungsvoll hergestellter Produkte, die die Gesundheit und das Wohlbefinden von Menschen und Umwelt maximieren. Die Zertifizierung stellt sicher, dass die Produktanforderungen in allen fünf Kategorien miteinander in Einklang gebracht werden. Dabei wird die Zertifizierung immer von Dritten überprüft, sodass unabhängige Spezialisten die Auswirkungen des Produkts sowie die Unternehmensführung bewertet haben.

„Als Designerin habe ich es geliebt, Cradle to Cradle Certified®-Materialien zu verwenden, denn in diesem Fall konnte ich sicher sein, dass ein Experte die Aussagen eines Herstellers bereits überprüft hat. So konnte ich mich auf die Ästhetik konzentrieren, weil ich wusste, dass ich mit einem Produkt arbeitete, das alle Nachhaltigkeitskriterien auf einmal erfüllt“, erzählt Ren DeCherney den Anfang ihrer Reise mit Cradle to Cradle Certified®.

Kontinuierliche Verbesserung von Produkten und Prozessen
Alle Axminster- und Colortec-Teppichlösungen von Dansk Wilton sind Cradle to Cradle Certified®. Dansk Wilton hat sich aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes und des hohen Dokumentationsniveaus, das durch die Zertifizierung garantiert wird, dafür entschieden, um für den Nutzer größtmögliche Transparenz und Sicherheit zu bieten.

„Wir betrachten Cradle to Cradle Certified® als das ehrgeizigste und umfassendste Zertifizierungsprogramm im Bereich der sozialen und ökologischen Verantwortung. Cradle to Cradle ist für uns mehr als nur eine Zertifizierung – es ist unser Werkzeug und Leitfaden in jedem Bereich der Zertifizierung. Cradle to Cradle Certified® erfordert eine kontinuierliche Verbesserung von Produkten und Prozessen“, sagt Lone Ditmer, die verantwortlich für die nachhaltige Geschäftsentwicklung bei Dansk Wilton ist.

„Nachhaltigkeit geht über CO2-Emissionen oder Recycling hinaus. Es geht darum, jede Phase des Produktlebenszyklus zu betrachten – von der Produktion über die verwendeten Materialien bis hin zu seiner Haltbarkeit und dem Endszenario der Nutzung. Nur recycelt zu werden, macht ein Material nicht automatisch nachhaltig. Diese Balance zu wahren, ist der Schlüssel, wenn es darum geht, Nachhaltigkeit bei Innenarchitekturprojekten zu berücksichtigen“, führt Lone Ditmer aus.

Eine Möglichkeit, die positive Wirkung zu maximieren
Laut Ren DeCherney ist das Beste an Cradle to Cradle Certified®-Produkten, dass sie es Designern ermöglichen, einen messbaren Unterschied zu machen. „Die Spezifikation von Cradle to Cradle Certified®-Produkten ist eine großartige Möglichkeit, Ihren positiven Einfluss auf den Planeten zu maximieren. Berichten zufolge verfügt ein einzelner Designer über die 26-fache Kaufkraft eines durchschnittlichen Verbrauchers. Das bedeutet, dass die Entscheidungen, die wir treffen, sehr wichtig sind“, sagt DeCherney.

Zugleich ermöglichen diese Produkte die Erfüllung mehrerer ESG-Kriterien (Environmental Social Governance): „Kunden verlangen von Designern, dass sie viele Nachhaltigkeitsaspekte gleichzeitig priorisieren – einschließlich der Nachfrage nach ungiftigen Materialien, Produkten, die gerecht hergestellt werden, Produkten, die zu einer gesunden Raumluftqualität beitragen, und verantwortungsvoll beschafften Materialien. Da stellt sich schnell ein Gefühl der Überforderung ein, besonders wenn alles auf einmal berücksichtigt werden soll. Das ist der Grund, warum ich als Designerin Cradle to Cradle Certified®-Produkte so liebte, denn mit ihnen konnte ich dank der Verwendung eines Multi-Attribut-Standards tatsächlich alle Anforderungen auf einmal erfüllen.“

Auch ein einzelnes Produkt macht bereits einen Unterschied
Wenn es unmöglich scheint, rundum mit zertifizierten Produkten zu arbeiten, ist das Wissen hilfreich, dass auch ein einzelnes Produkt bereits den entscheidenden Unterschied im Gesamtprojekt machen kann. „Selbst die Angabe nur eines zertifizierten Produkts in einem Projekt kann einen enormen Einfluss haben – von den Menschen, die das Produkt in der Lieferkette herstellen, über die Auftragnehmer, die das Produkt installieren, bis hin zu den Gemeinden, die das Gebäude in den kommenden Jahren nutzen werden“, sagt Ren DeCherney.

„Ich ermutige Designer daher immer, sich darauf zu konzentrieren, was sie am meisten anspricht, und erst einmal in einem Raum oder einer Abteilung anzufangen. Dann kann man auf dem aufbauen, was man von einem Projekt zum nächsten lernt. Vielleicht können Sie einen Kunden nicht dazu bringen, für ein Projekt vollständig PVC-frei zu werden, aber vielleicht können Sie es in einigen Bereichen mit hoher Wirkung versuchen, wie z. B. vor dem Gebäude, in Fluren, Gästezimmern oder Konferenzräumen. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie nicht alles auf einmal berücksichtigen können. Ein einzelnes Produkt in einem Kernbereich entfaltet immer noch eine große Wirkung.“

Identifizieren Sie die Prioritäten der Kunden
Ren DeCherneys Empfehlung lautet, mit den Kunden über ihre Ziele und Prioritäten zu sprechen – und von dort aus weiterzumachen. „Ich höre immer wieder, dass es Designern schwerfällt, mit ihren Kunden über Nachhaltigkeit zu sprechen oder diese in größere Projektziele einzubinden. Die gute Nachricht ist, dass Ziele miteinander verbunden werden können! Es gibt viele Möglichkeiten, das, was ein Kunde verlangt, mit anderen Nachhaltigkeitszielen oder finanziellen Zielen in Verbindung zu bringen, um ihm zu helfen, den Wert von Nachhaltigkeit zu erkennen“, weiß sie und erklärt dazu ihren dreigleisigen Ansatz:

Der erste Ansatz ist die „Überzeugung, das Richtige zu tun“: DeCherney fällt die Begründung leicht: „Es gibt unzählige Gründe, warum die Wahl von Produkten, die hohe Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen, das Richtige ist. Alles, was man heutzutage tun muss, ist, die Nachrichten zu lesen.“

Ihr zweiter Ansatz wird als „Fear of Missing Out“ (FOMO, zu Deutsch die Angst, etwas zu verpassen) bezeichnet: „Einige Kunden wollen wirklich die Ersten sein, die ein Nachhaltigkeitsziel erreichen. Andere sind ebenfalls motiviert, aber zurückhaltender. Bevor sie den Sprung wagen, wollen sie Nachweise für die Nachhaltigkeitswirkung sehen. Um auch diese Kunden mitzunehmen, würde ich mich nach Fallstudien umsehen, die mir helfen, meine Argumente zu untermauern.“

Der dritte Ansatz ist rein finanzieller Natur: „Es gibt viele Gründe, warum nachhaltige Optionen finanziell rentabler sind. Hat Ihr Kunde Klima- oder Nachhaltigkeitsziele formuliert? Wenn verantwortungsvolle Beschaffung ein Thema ist, dann sprechen Sie darüber, wie die Verwendung zertifizierter Produkte in ihren Gebäuden dazu beitragen kann, dieses Ziel zu erreichen. Spricht der Kunde über Wohlbefinden? Gesunde Materialien sind eine großartige Möglichkeit, Ziele wie Wohlbefinden und ein gesundes Raumklima mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Sobald Sie ein Bild davon haben, was der Anspruch Ihrer Kunden ist, gibt es viele Möglichkeiten, Nachhaltigkeitsziele und verantwortungsvoll beschaffte Produkte so zu formulieren oder vielleicht neu zu gestalten, dass sie Anklang finden.“

Lebenszykluskosten sind entscheidend
Letztendlich besteht der Zweck von Cradle to Cradle Certified®-Produkten darin, die Auswirkungen eines Produkts auf seinen gesamten Lebenszyklus hin zu betrachten. Daher müssen Designer auch die Lebenszykluskosten eines Produkts berücksichtigen, wenn sie mit Kunden sprechen. „Das ist eine echte Herausforderung. Manchmal sind Produkte, die zwar billig in der Anschaffung sind, teuer in der Unterhaltung. Dann kann es hilfreich sein, wenn Sie Daten zu den Unterhaltungskosten finden. Ich war auch erfolgreich darin, eine Hintertür in dieses Gespräch zu finden, indem ich die Lebenszykluskosten von Produkten mit höheren Nachhaltigkeitszielen des Unternehmens oder mit der Steigerung der erzielbaren Mieten von Immobilien in Verbindung brachte“, erklärt Ren DeCherney.

„Mit der Entwicklung neuer KI-Tools und Datenbanken sehe ich, dass die Daten über Produkte schnell optimiert werden, damit Designer die Auswirkungen der Produkte leicht verstehen und dies den Kunden auch vermitteln können“, schließt sie. „In diesem datengesteuerten Kontext müssen wir jedoch wirklich sicherstellen, dass wir Äpfel mit Äpfeln vergleichen – also mit dem gleichen Datenhintergrund, der gleichen Berechnungsmethode und den gleichen Voraussetzungen.“

Möchten Sie mehr erfahren?
Wenn Sie als Innenarchitekt neugierig sind, wie Sie verantwortungsvollere Produkte in Ihre Projekte integrieren können, teilen wir gerne unser Wissen:

Ren DeCherney
Cradle to Cradle Products Innovation Institute
rdecherney@c2ccertified.org

Lone Ditmer
Dansk Wilton
ld@dansk-wilton.dk

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Das Cradle to Cradle Certified®-Produktregister bietet Ihnen Zugriff auf rund 900 zertifizierte Produkte weltweit. Das Register wächst weiter, da sich immer mehr Marken und Hersteller dem Cradle to Cradle Certified®-Produktstandard verpflichten und Prinzipien der Kreislaufwirtschaft sowie zukunftsweisende Lösungen übernehmen.

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